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Das Wechselmodell

Das traditionelle Familienbild, bei dem die Mutter das Kind betreut und der Vater Barunterhalt leistet, passt aufgrund des gesellschaftlichen Wandels der letzten Jahre oft nicht mehr in die Lebensgestaltung von Eltern. 

Nach erfolgten Trennungen entsteht oft der Wunsch zumindest eines Partners, das Kind gleichermaßen betreuen zu können. Fachanwalt für Familienrecht Michael Schädlich, Kanzlei F.E.L.S stellt die rechtliche Basis dieses Betreuungsmodells vor. 

Im Familienrecht wird das paritätische, auch symmetrisch genannte Wechselmodell als eine exakt hälftige Betreuung des Kindes durch die Eltern verstanden. Betreuungsformen, bei denen ein Elternteil einen Betreuungsanteil von 30 % bis zu 49 % hat, werden als asymmetrisches Wechselmodell bezeichnet. Erfolgt beispielsweise die Betreuung an 5 von 14 Tagen, liegt ein asymmetrisches Wechselmodell vor. Der Betreuungsanteil liegt bei 35,7 %. Beträgt dieser weniger als 30 %, liegt ein klassisches Residenzmodell vor. 

Das Wechselmodell ist kein vom Gesetzgeber gebotener Regelfall, hat im Gesetz keine Verankerung und konnte bis vor Kurzem richterlich im Umgangsverfahren nicht angeordnet werden. Dies ist nun im Wesentlichen durch eine Entscheidung des BGH vom 01.02.2017, Az. XII ZB 691/15 geklärt. 

Der familiengerichtliche Prüfungsmaßstab für die Anordnung eines Wechselmodells ist allein das Kindeswohl, wobei unter familienrechtspsychologischen Aspekten als Kindeswohl die für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes oder Jugendlichen günstige Relation zwischen seiner Bedürfnislage und seinen Lebensbedingungen verstanden wird. Das Wechselmodell selbst zielt nicht darauf ab, elternzentrierte Erwartungen oder Wünsche der Eltern zu regeln. Folgende Kriterien sind bei einer Ermessensüberprüfung im Einzelfall heranzuziehen: 

  • Das Mindestalter des Kindes sollte im Regelfall drei Jahre betragen. Ausnahmen sind bei einer engen Bindung, z. B. durch Elternzeiteinbringung vor der Trennung, denkbar.
  • Eine tragfähige Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen muss vorliegen.
  • Eine räumliche Nähe der elterlichen Haushalte ist grundlegend. Hier sind u. a. zu berücksichtigen die Nähe zum Kindergarten oder zur Schule oder zu den Freizeiteinrichtungen des Kindes. Hier legt man Fahrtzeiten von ca. 30 Minuten zugrunde. 
  • Zu prüfen ist, ob eine Übereinstimmung zu wesentlichen Erziehungsfragen der Eltern besteht. Dies ist dann problematisch, wenn die unterschiedlichen ideologischen Einstellungen der Eltern de facto zu Streitigkeiten führen, z. B. in der Konstellation vegane Ernährung gegen fleischhaltige Ernährung. 
  • Der Kindeswille bei Berücksichtigung von Alter und individueller Entwicklung des Kindes. 
  • Die Erziehungsfähigkeit und Eignung der Eltern, wobei hier ihre Kommunikationsfähigkeit und ihre Kooperationsbereitschaft besondere Bedeutung erlangt. 
  • Betreuungsanteil eines jeden Elternteils vor der Trennung und Anteil der Fremdbetreuung durch Dritte. 
  • Prinzip der Förderung und Kontinuität. 

In der juristischen Praxis ist festzustellen, dass bei der Bewertung vorgenannter Kriterien immer noch eine sehr unterschiedliche Rechtsauffassung besteht und Familiengerichte zu sehr unterschiedlichen Einzelfallergebnissen kommen, insbesondere bei den Kriterien Wohnortnähe beider Eltern, Erziehungsvorstellung der Eltern und deren Gleichklang und der vorhandenen Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern. Bei Letzterer wird diskutiert, ob diese bereits zwingend erforderlich ist oder die Hoffnung ausreicht, dass die Fähigkeit einer vernünftigen Elternkommunikation im Rahmen einer angeordneten Elternberatung erst noch entsteht/ erarbeitet werden kann. 

In der familiengerichtlichen Praxis ist bei Wechselmodellstreitigkeiten damit unvermeidbar, dass jeder Richter nach seinem Ermessen „wertet“. Aufgrund dessen ist es für einen Rechtsanwalt umso wichtiger, gezielt die Rechtsprechung darzustellen, die den jeweiligen Mandatsauftrag stützt. Insoweit gilt: 

Nur wer Zusammenhänge erkennt, kann effektive Strukturen schaffen.  

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